Toleranzberechnung – Teil 2: Die Bedeutung von Licht

March 01, 2018 by Tim Mouw

Haben Sie jemals etwas in einem Geschäft gekauft und zuhause dann festgestellt, dass es überhaupt nicht zu Ihrer Einrichtung passte? Das liegt nicht an der Farbe, die sich geändert hat, sondern vielmehr an Ihrer Farbwahrnehmung.

Zur Farbsteuerung muss man in der Lage sein, sehr kleine Farbunterschiede zu vergleichen, ihre Auswirkung zu ermitteln und zu verstehen, wie man mit dieser Auswirkung umgeht. In dieser dreiteiligen Blogreihe befassen wir uns mit den zentralen Komponenten für die Toleranzberechnung. Wenn Sie Teil 1 Die Geschichte der Farbanalyse, verpasst haben, können Sie ihn jetzt lesen. Beim heutigen Thema geht es um die Auswirkung von Licht auf unsere Farbwahrnehmung und die Bedeutung von kontrollierten Lichtbedingungen für ein erfolgreiches Farbtoleranzprogramm.

Farbe ist Licht, und Licht ist Energie

Es gibt viele verschiedene Arten von Licht; jede Lichtart verteilt Energie auf unterschiedliche Weise. Unsere Farbwahrnehmung hängt stark von der Art der Beleuchtung eines Objekts ab. Doch in Wahrheit ist es weitaus komplexer. Licht ist nicht gleich Licht. Tageslicht, Mondlicht, Neonlicht, Blitzlicht – alle Lichtarten beleuchten Objekte auf verschiedene Weise.

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Zur Festlegung eines zuverlässigen Toleranzprogramms muss man die Bedeutung von Licht für Farbe verstehen.

Bei einem Experiment im Jahr 1670 fasste der berühmte Wissenschaftler Sir Isaac Newton das Phänomen Farbe in Worte. Durch einen schmalen Spalt lenkte er einen dünnen Lichtstrahl auf ein Prisma in einem abgedunkelten Raum. Dabei konnte er beobachten, dass das Licht beim Auftreffen auf die Prismenwand in eine Reihe von Farben gebrochen wurde: einen Regenbogen. Durch die Brechung wurden die einzelnen Bestandteile des weißen Lichts sichtbar.

Aus diesem Experiment leitete Newton die Theorie ab, dass sich weißes Licht tatsächlich aus vielen verschiedenen Lichtarten zusammensetzt: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett. Und er hatte recht.

Licht erzeugt elektromagnetische Strahlung unterschiedlichster Wellenlängen. Im Kurzwellenbereich – 400 Nanometer – ist Licht violett. Mit zunehmender Wellenlänge, d. h. bis zu 700 Nanometer, verändert sich das Licht in Blau, dann in Grün… Gelb, Orange und Rot. Newton wies nach, dass weißes Licht überhaupt nicht weiß ist, sondern tatsächlich aus ganz unterschiedlichen Lichtarten besteht… aus elektromagnetischer Strahlungsenergie im Wellenlängenbereich von 400 bis 700 Nanometer.

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Lichtquellen

Zu Newtons Lebenszeiten gab es nur natürliche Lichtquellen, nämlich Sonnenlicht, Mondlicht, Sternenlicht oder Kerzenlicht. Heute haben wir viel mehr Lichtquellen. Glühlampen-, Leuchtstoffröhren-, LED-Licht usw. Jede Lichtart erzeugt Energie an unterschiedlichen Stellen im sichtbaren Spektrum und somit auch eine andere Lichtfarbe. Die relative Energiemenge bei jeder Wellenlänge hängt von der jeweiligen Lichtquelle ab.

Lichtart D65 (Tageslicht)

xrite-tolerancing-part-2-02Dies ist die elektromagnetische Energie von Lichtart D65, dem so genannten Tageslicht. Auf der Kelvin-Skala hat Tageslicht eine Temperatur von 6500 K. Wie Sie erkennen können, gibt es kaum violette Energie auf der linken Seite des Spektrums. Tageslicht erreicht seinen Höhepunkt im blauen Bereich und fällt dann kontinuierlich bis auf 700 Nanometer ab, wo es kaum rote Energie gibt. Doch Tageslicht ändert sich. D65 beschreibt Tageslicht um die Mittagszeit, wenn die Sonne durch ein Gebäude verdeckt ist. Durch das Blau des Himmels wirkt alles blauer. D75 hat einen etwas stärkeren Blaustich; der Horizont hat das stärkste Rot.

 Lichtart A (Glühlampe) 2856 K

xrite-tolerancing-part-2-01Dies ist Lichtart A, so genanntes Glühlampenlicht. Eine Wolframlampe hat eine Temperatur von etwa 2800 Kelvin. Sie hat kaum Energie im violetten oder blauen Wellenlängenbereich. Die Energie steigt jedoch kontinuierlich bis auf 700 Nanometer an und weist sehr hohe Rotanteile auf. Unter Tageslichtbeleuchtung haben weiße Gegenstände einen Blaustich, unter Glühlampenlicht einen Rotstich.

   Lichtart F2 (Kaltweiß-Leuchtstofflampe) 4100 K

xrite-tolerancing-part-2-03Eine Leuchtstofflampe, Lichtart F2, hat eine Farbtemperatur von 4100 Kelvin. Kaltweiß-Leuchtstofflampenlicht liegt zwischen blauem Tageslicht und rotem Glühlampenlicht, hat einen starken Grün- und Gelbanteil und einen geringeren Violett-, Blau- und Rotanteil. In den Spitzen wird Quecksilberdampf entladen, was sorgt für Verwirrung bei der Beurteilung von Farben unter Leuchtstofflampenlicht sorgt.

Gängige Lichtquellen

Die folgende Abbildung zeigt, wie stark sich die Lichttemperatur auf unsere Wahrnehmung auswirkt. In dieser Lichtkabine ist das gleiche Motiv unter Beleuchtung mit verschiedenen Lichtquellen zu sehen.

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Im ersten Bild sorgt das Glühlampenlicht für einen stärkeren Rotanteil. Beim mittleren Bild unter Leuchtstofflampenlicht sind Blau UND Rot schwächer und Grün vorherrschend. Das Tageslicht im letzten Bild erzeugt blaue Energie, wodurch die Gegenstände einen Blaustich haben. 

Bei der Wechselwirkung mit Licht können Gegenstände nur das vorhandene Licht reflektieren. Gegenstände erzeugen kein Licht, sondern reflektieren das von der Quelle ausgehende Licht. Bei einer Änderung der Lichtquelle ändert sich auch die von uns wahrgenommene Reflexion (und Farbe).

Wichtige Erkenntnisse für Toleranzanalysen

  1. Beim Vergleich von Farben müssen Sie die Lichtquelle kennen (und kontrollieren).
  2. In den meisten Branchen ist das Standardlicht, unter dem Materialien betrachtet werden sollten, in der Regel vorgegeben. Daher sollten Sie sich unbedingt nach der zu verwendenden Lichtquelle erkundigen oder die Standardbeleuchtung für Ihre Branche verwenden, wenn Sie nicht sicher sind.
  3. Zur Messung und Beurteilung von Farben unter Beleuchtung der gleichen Lichtart müssen Sie diese Lichtart in Ihrem Spektralphotometer, eine Software für Toleranzanalysen und eine Lichtkabine zur Gewährleistung konstanter Lichtverhältnisse verwenden.
  4. Sprechen Sie mit Ihren Zulieferern und Kunden, um sicherzustellen, dass sie die gleichen Beleuchtungsverfahren einhalten. 

Mehr dazu...

Im dritten und letzten Teil dieser Reihe erklären wir den Unterschied zwischen einem Farbraum und einem Farbmodell und stellen die gängigsten Toleranzmethoden vor Toleranzberechnung – Teil 3: Unterschied zwischen Farbraum und Farbtoleranz. 

Erfahren Sie mehr über Die Wissenschaft, die sich hinter der visuellen Abmusterung verbirgt.

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